Hilfe zur Selbsthilfe

 

„Mit dem Geld können wir die Grundnahrungsmittel für ein ganzes Jahr für unsere Bewohner kaufen.“ Mit großer Freude hat Petra Strauß, Sprecherin des Gütersloher Frauenhauses, einen Scheck über 4000 Euro vom hiesigen Club Soroptimist, internationales Netzwerk berufstätiger Frauen, entgegengenommen.

Präsidentin Professor Dr. Andrea Kaimann erklärte, dass man seit der Club-Gründung vor Ort 2008 kontinuierlich – mit bislang insgesamt 18 000 Euro – die Arbeit im Frauenhaus unterstützt habe. Diesmal ist das Geld durch Aktionen auf dem Weihnachtsmarkt und durch einen Kinoabend zusammengekommen. Die Soroptimistinnen setzen sich regional, national und auch weltweit für eine Verbesserung der Lebenssituation von Frauen und Mädchen ein. Und am liebsten dort, wo Hilfe zur Selbsthilfe gewährleistet wird.

Genau das ist im derzeit mit acht Frauen und neun Kindern voll belegten Gütersloher Frauenhaus der Fall. Wer glaubt, dass es sich dabei ausschließlich um geprügelte Opfer aus anderen Kulturkreisen handelt, der irrt. „Mehr als die Hälfte hat einen deutschen Pass“, stellt Petra Strauß klar. Unter den Frauen, die aus dem ganzen Kreisgebiet, ja nach persönlicher Bedrohungslage mitunter auch aus weiter entfernt liegenden Orten nach Gütersloh kommen oder gebracht werden, sind nicht nur Opfer häuslicher oder sogenannter Beziehungsgewalt. Obwohl laut Statistik jede vierte Frau davon heutzutage betroffen ist. Da kann es sich auch schon mal um eine pflegebedürftige 84-Jährige handeln, die von ihren pflegenden Angehörigen geschlagen wird.

„Es gibt 1000 Geschichten“, sagt Strauß. „Und jede ist auf eine andere Art beklemmend.“ Manche kommen mit nichts. Ohne Papiere, ohne notwendige Medikamente, ohne Kleidung. Nur mit dem, was sie gerade auf dem Leib tragen. „Diese Frauen glauben, dass sie bei uns eine Rundumversorgung erhalten. Aber das würde sie in ihrer Opferrolle nur manifestieren“, stellt Strauß klar.

So werden die Bewohnerinnen in der maximalen Zeit von sechs Monaten, die sie im Frauenhaus bleiben dürfen, dazu angehalten, selbstständig zu werden und Verantwortung zu übernehmen. „(Aus-) und Sprach-Bildung schafft Unabhängigkeit“, weiß Strauß. Und setzt daher mit ihrem Team auf ein dichtes Netzwerk unterschiedlicher Einrichtungen und Institutionen, die dabei helfen, den betroffenen Frauen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Ein oft schwerer und auch nicht kostenloser Weg. Denn lag der Tagessatz im Frauenhaus (ohne Essen) bis 2014 bei 13 Euro pro Tag, so müssen nun 25 Euro (mit Essen) gezahlt werden. Geld, das bei den den meisten Opfern, die als Hartz-IV-Empfänger eingestuft sind, aus eben diesen Kassen gezahlt wird. Stehen noch nicht anerkannte Flüchtlingsfrauen vor der Tür wird es schwieriger. Sie haben keinen Hartz-IV-Anspruch. Notgedrungen hat das Land dafür jetzt Mittel bereitgestellt, die – von Fall zu Fall - abgerufen werden können.

25 bis 30 Prozent (30 0000 Euro) seiner laufenden Kosten muss das Frauenhaus pro Jahr durch Spenden abdecken. Umfangreichere Sanierungen am und im Haus haben vor zwei Jahren ein großes Loch in den Etat gerissen. „Wir haben auf Weihnachtsgeld und Tariferhöhungen verzichtet, um die Einrichtung zu erhalten“, sagt Strauß. Mittlerweile habe man sich konsolidieren können.

Doch was not tut, ist eine Personalaufstockung. „Permanente Überbelastung, Stalking und Drohungen durch erboste und gewaltbereite Ehemänner haben dazu geführt, dass zwei unserer vier Mitarbeiterinnen durch Burnout für längere Zeit ausgefallen sind“, erzählt Strauß. Die vier vorhandenen, zu 75 Prozent finanzierten Stellen, reichen nicht mehr, um das steigende Arbeitspensum, den der gesellschaftliche Wandel mit sich bringt, zu bewältigen. Das ist auch den Fraktionsvertretern gesagt worden, die kürzlich – zum Teil erstmals – im Frauenhaus waren, um sich einen Eindruck von der Arbeit dort zu verschaffen.

Wenn die Würde des Menschen und die Familie in diesem Land als Grundwerte gehandelt, gesichert und geschützt werden sollen, wenn das zur inneren Sicherheit zählt, dann gebührt den Frauenhäusern, die es seit nunmehr 40 Jahren – in Gütersloh seit 36 Jahren – gibt, mehr Unterstützung. Da waren sich die SI-Vertreterinnen mit der Sprecherin des Frauenhauses einig.

 

Doris Pieper    Die Glocke - Gütersloh          3. Juni 2016

 


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